ANHALONIUM Ferme Bio Eco
Projekt zur Erhaltung und Entwicklung von Maisvarietäten im biologischen Landbau
 
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Mais in der Huicholes-Kultur (Mexiko)

 
 

Mais ist (...) die Haupt- und meist einzige Nahrung der Huicholes. Er wird vorwiegend in Form von Tortillas gegessen. Nur selten gibt es "frijoles" (Bohnen), in der Regenzeit, wenn die Kühe mehr Milch geben, auch mal salzigen Käse dazu. Die Milch selbst wird von den Indianern nicht getrunken. Fleisch gibt es nur während der Fiestas. Die Viehzucht dient in der Hauptsache der Aufzucht von Opfertieren und wird nur von wenigen betrieben.

Die Huicholes sind Maisbauern, oder besser gesagt, MaisAnbauer. Denn Handel wird mit dem Mais nicht getrieben. Das Ackerland ist knapp, und gesät wird nur soviel, dass der Ertrag für den Eigenbedarf bis zur nächsten Ernte reicht. Bei schlechten Wetterverhältnissen sind Hungersnöte daher keine Seltenheit. Ist der Vorrat vorzeitig erschöpft, treibt der Hunger viele Huicholes in die Städte, wo sie ihre Handarbeiten und Dienste für Pfennigbeträge verkaufen. Doch zu Beginn der Regenzeit kehren alle zurück. Die Saat des Mais vereint sie wieder und die Arbeit mit der Erde macht sie alle gleich. Sie löst die politische und geistige Hierarchie, in der die Huicholes Gemeinde, Göttern und Gesetzen dienen, auf. Alle, Mara'akate, Gobernadores, Beamte und Kinder nehmen mit ihren Familien am Maisanbau teil.

Wann und wo die, wie man annimmt, ursprünglich nomadischen Jäger mit Mais und Ackerbau in Berührung kamen, weiss man nicht. Fest steht jedoch, dass Mais für die Huicholes mehr ist, als nur gegenwärtige Lebensgrundlage. In ihren Mythen und der Religion nimmt Mais eine ebenso zentrale Rolle ein, wie Rothirsch und Peyote. Er ist Teil der mystischen Einheit, die Peyote, Mais und Rotwild bilden. "Sie sind eins, sie sind wir, unser Leben" sagen die Huicholes.

Es ist eine Einheit, die das Leben der Huichol-Indianer bestimmt. Eine Einheit allerdings, in der Mais die geheimnisvollste und unvertrauteste Stelle einnimmt. Im Gegensatz zu der liebevollen, vertrauten, ja zärtlichen Einstellung der Huicholes zu Peyote und Rothirsch, begegnen sie dem Mais mit grossem Respekt. Dieses Verhalten schlägt sich sowohl in der Handhabung von Mais wie auch in der geistigen Haltung ihm gegenüber nieder. Ihrem Glauben nach ebenso unergründbar wie unersetzlich, wird Mais in Zeremonien und Riten, aber auch beim Anbau und Ernten mit grösster Achtung und Aufmerksamkeit behandelt. Denn ihr Leben hängt nicht allein vom Mais, sondern auch vom Wohlwollen seiner Geister ab. Und diese sind launisch, so empfindlich wie anspruchsvoll. Jede der fünf Maissorten besitzt einen besonderen Geist, der durch die fünf Maisfarben Weiss, Blau, Rot, Gelb und Schwarz symbolisiert wird. Da also jeder dieser Geister einen speziellen Charakter hat, wird der Mais peinlich genau nach den Farben sortiert, bevor er - hauptsächlich zu Tortillas - verarbeitet wird. Mehrmals am Tag sieht man die Frauen die gekochten Körner mit "metate" und "mano" (Trog und Handstein) mahlen und auf runden Blechen (comal) über dem offenen Feuer zu tellergrossen Fladen rösten. Ein Huichol verspeist bis zu dreissig Tortillas am Tag. Auch die süss oder sauer zubereitete Atole (ein schleimiger Brei) wird aus Mais gemacht. Für Feste und zeremonielle Mahlzeiten werden Unmengen von "tejuino" (Maisbier) gebraut und Körbe voll kleiner, dicker Tortillas und "tamales" aus Mais bereitet. Tamales sind Röllchen aus salzlosem Maisteig, die, kunstvoll in Maisblätter gebunden, in heissem Wasser gegart werden. "Mais ist unser Leben", sagen die Huicholes und meinen das wörtlich. Er ist ein göttliches Geschenk, das ihnen jederzeit wieder genommen werden kann, wenn es nicht mit äusserster Vorsicht und grösster Achtsamkeit behandelt wird. Ihr Leben ist von seiner Existenz so abhängig, wie seine Existenz von der Behandlung, die sie ihm zukommen lassen. Seine Aufzucht bedarf der gleichen behütenden Aufmerksamkeit und Fürsorge wie das Leben ihrer Kinder, deren zartes Wesen mit den grünen Ähren des Mais verglichen wird. Wie der Mais sind auch sie Grundlage für den Fortbestand der Huicholes. Wie unsicher diese Basis ist (hohe Kindersterblichkeit und unvorhersehbare, oft katastrophale Wetterbedingungen für die Maisernte), lässt sich schon daran erkennen, wie rapide die Zahl der ursprünglich angeblich 20'000 Huichol-Indianer sinkt.

Heute (red.: 1985) gibt es, verteilt über die Staaten Nayarit, Jalisco, Durango und Zacatecas, nur noch rund 9'000 Huicholes. Die meisten von ihnen leben in der "Sierra de los Huicholes".

 
top Quelle: "Bei Schamanen, Indianer im mexikanischen Hochland" von Prem Lélia de Haan, Ullstein Sachbuch 1988, ISBN 3 548 34435 6.
 

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