ANHALONIUM-Kommentar zu:
"Genmais ausser Kontrolle"
Greenpeace-Studie (10.1998), weist Ausbreitung von Genmais auf Nachbarfeld nach.
Die Frage, in welchem Ausmass und in welcher Distanz Maispollen Nachbarpflanzen
bestäuben, ist auch für Gärtner wichtig, die mehrere Varietäten
kultivieren wollen und die darauf achten, dass sich die Pflanzen einer Varietät
möglichst oft untereinander kreuzen (erwünschte Fremdbestäubung zur
Erhaltung der genetischen Vielfalt einer Varietät), aber Bestäubungen mit
Pollen aus anderen Varietäten möglichst vermeiden wollen.
Bisher lagen uns Empfehlungen vor, welche Distanz zwischen zwei
Maisplantagen eingehalten werden sollte, um - auch bei gleichzeitiger Blüte - mit
sogenannten "unerwünschten Fremdbestäubungen" nicht mehr rechnen zu müssen.
Diese Angaben schwanken zwischen 3 km (Terre de Semences) und 200 m (WWF, Schweiz).
Siehe Abschnitt:
Pollenflug - der Wind und seine Helfer unter
"Bestäubung und Befruchtung"
Es ist aber anzunehmen, dass Fremdbestäubungen, wenn auch selten, über grosse
Distanzen hinweg möglich sind. Wer seine Maispflanzen im Garten offen abblühen
lässt, kann nicht davon ausgehen, dass die geernteten Körner nur mit Pollen der
eigenen Pflanzen befruchtet worden sind. Will man Maissaatgut aus dem eigenen Garten erhalten,
sollte kein Hybrid- oder Genmais in der Nähe blühen. Entsteht ein Korn mit Hilfe
von transgenem Pollen, steht im nächsten Jahr eine gentechnisch veränderte
Maispflanze unter den anderen Herkömmlichen. Diese sorgt mit Millionen
Pollenkörnern dafür, dass schon in der nächsten Ernte der Anteil gentechnisch
veränderter Körner lawinenartig anwächst.
Das Resultat: "Bio-Gentech-Mais", ein Widerspruch in sich. Wo gentechnisch veränderter
Mais offen abblüht, sind vor vorwiegend biologische Maiskulturen in einem Umkreis von bis
zu 3 km höchst bedroht.
Die GärtnerInnen, welche viele Maispopulationen anpflanzen wollen, können solche
Abstände im Garten natürlich nicht einhalten. Kommt eine Population in 5 m
Entfernung zu einer anderen Population zu stehen, ist gemäss Greenpeace-Studie, damit
zu rechnen, dass jedes 200-ste Korn der jeweils äussersten Pflanzenreihe mit Pollen der
Nachbarpopulation entstanden ist. Dies bedeutet in etwa eine unerwünschte
Fremdbestäubung oder ein "fremdes" Korn pro Kolben.
Die Maisvarietäten für den Garten unterscheiden sich in Form und Farbe so erheblich,
dass das betreffende Korn meist sogleich erkannt und ausgelesen werden kann.
Der/die GärtnerIn hat von jeder seiner Varietäten eine Vorstellung:
Eine Dokumentation oder die Erinnerung an die erfolgten Kulturen und Ernten vergangener Jahre.
Er/Sie unterscheidet die erwünschte genetische Vielfalt einer Population (d.h. die
unterschiedlichen Kolben, welche aber ein oder mehrere varietätstypische Merkmale
tragen, welche sie eindeutig identifizieren) von einer Zufallskreuzung, also einer
unerwünschten Fremdbefruchtung. Gerät einmal ein unentdecktes "falsches" Korn oder
eine "falsche" Pflanze in die Population und weicht dadurch ein grosser Teil der Ernte
varietätsuntypisch ab, soll die Ernte nicht zu (Wieder-) Aussaat verwendet werden.
In diesem Fall muss auf älteres Saatgut zurückgegriffen werden.
Die erwähnte Greenpeace-Studie zeigt deutlich,
dass trotz
Massnahmen zur Förderung der gezielten Bestäubung
, wie die Beachtung von
Richtlinien zu Populationsabständen und Bepflanzung der Zwischenräume (Pollenfänger)
unerwünschte Fremdbefruchtungen nicht ganz ausgeschlossen werden können
(siehe Diagramm "Mais-Pollenflug"-Parabel, ganz unten)
.
Es scheint, als ob die Untersuchungsergebnisse, welche die schlimmsten Befürchtungen
des Projektleiters Georg Janssen bestätigten, doch sogar eher als ein Glücksfall
zu bezeichnen wären; - die Werte für "%" und "m" könnten durchaus doppelt so hoch
ausgefallen sein und die Ausbreitung somit viermal so gross.
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Der Wert 4 - 5 % von fremdbefruchteten Körnern bei 50 cm Entfernung der
pollenspendenden Pflanze, bedeutet für eine
hochwüchsige Population (Pflanzenhöhe > 3 m), eine 95 - 96 %-ige
Selbstbefruchtung der Kolben.
Um Inzucht zu vermeiden, ist es deshalb, besonders bei Mikrokulturen wichtig, für
Saatgut, Körner vieler geernteter, schönen Kolben zu verwenden und nicht nur etwa
vom grössten.
In einem offen abblühenden Maisfeld, in welchem die Pflanzen- und Reihenabstände
50 cm betragen, gäbe es gemäss der Greenpeace-Studie nur 4 - 5 % Fremdbestäubungen.
Dieser Wert genügt den Pflanzen offensichtlich, um Inzuchterscheinungen zu vermeiden.
Mit etwas gärtnerischem Geschick ist es also möglich, in einem Garten mehrere
Maisvarietäten quasi nebeneinander offen abblühen zu lassen, wobei die Ernte in den
meisten Fällen auch als Saatgut verwendet werden kann.
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Pollenflug von gentechnisch veränderten Maispflanzen ist gefährlich, da er die
biologische Maiskultur zur Saatgutgewinnung grundsätzlich in Frage stellt.
Biologisch angebauter Mais kann sich innerhalb zwei oder drei Generationen (Jahre) zu
Gentech-Mais verändern. Zudem sind die unerwünscht fremdbefruchteten Körner
oft nicht sichtbar (- Gentech-Mais ist auch gelb -).
Pollenflug im Maisgarten ist ein Segen, da er die Kolben auch von Pflanzen füllt,
die selbst nicht genug Pollen erzeugen oder bei denen der männliche Blütenstand
abgeknickt wurde. Eine aufwendige künstliche Bestäubung mittels speziellen
Papiersäcken, ist zur Erhaltung von Varietäten im biologischen Gartenbau nicht
erforderlich (Anm. red.: ... noch nicht unbedingt erforderlich).
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x-Achse |
= |
y-Achse |
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0.5 m |
= |
4.5 % |
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5 m |
= |
0.5 % |
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10 m |
= |
0.1 % |
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Legende
x-Achse: Anzahl Meter (m) Entfernung von pollenspendender Pflanze
y-Achse: Anzahl Prozente (%) der Körner mit unerwünschter Fremdbefruchtung
Gezeichnet nach der Auswertung einer Studie, unter der Leitung von Georg Janssen im
Auftrag von Greenpeace Deutschland, publiziert im Oktober 1998.
Die "Mais-Pollenflug"-Parabel ist keine Kurvenfunktion im mathematischen Sinn.
In ihrem "endlichen" Bereich gleicht sie aber einer Exponentialfunktion (1 Parabelast).
Sie zeigt, dass Fremdbestäubung mit zunehmender Distanz nicht linear,
sondern exponentiell abnimmt.
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