Evolution / Selektion
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Mais, Gentech-Pflanze Nr. Eins
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Mit Hilfe moderner Biotechnologien wandelt sich der Mais vom Nahrungsmittel und Viehfutter
zunehmend zu einem Rohstoff für industrielle Anwendungen. Der Trend zu Monopolen in der
Saatgutproduktion verstärkt sich.
Mais, das "goldene Korn" der Indigenen Amerikas, ist heute - zumindest
im Anbau - weltweit das drittwichtigste Grundnahrungsmittel: 1995 wurden
502 Millionen Tonnen produziert. Von der weltweiten
Produktion geht über ein Drittel auf das Konto der USA, die damit
die Liste der Top-Produzenten vor China 21 %, Brasilien 7%,
Mexiko 3% und Frankreich 2% anführen. Nach Angaben der
Welternährungsorganisation FAO lag der Anteil des Nordens zwischen
1989 und 1991 bei 58%, der des Südens bei 42%. Dennoch verschleiert
dieser Vergleich die Realitäten bei der Produktion und Nutzung
von Mais.
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Die Hybriden verdrängen traditionelle Sorten
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Ein bedeutender Unterschied liegt in der Art des verwendeten Saatguts.
Gemäss Angaben des CIMMYT in Mexiko,
machte 1992 in den Industriestaaten kommerziell gehandeltes Hybridsaatgut,
das nicht vermehrbar ist und jährlich nachgekauft werden muss, 99% der
ausgesääten Maissaat aus, im Süden dagegen nur 46%. In den sogenannten
Entwicklungsländern stammen annähernd 34% der kommerziellen Hybriden
an Maissaatgut von multinationalen Konzernen.
Die zunehmende Einführung von Hybridsorten, besonders von kommerziellen
Saatgutsorten, hat dazu geführt, dass lokale Sorten verdrängt und fremdes
genetisches Material in lokale Populationen eingebracht wurde. In Mexiko
sind heute nur noch 20% der in den 30er-Jahren genutzten lokalen
Maissorten bekannt. Noch weniger Maissorten finden sich allerdings
im Norden.
Unterschiede bestehen auch in der Art und Weise, wie der Mais im Norden
und im Süden angebaut wird. Im Norden, etwa im "Maisgürtel" der USA
(corn belt), wächst er in Monokulturen von bis zu einigen Millionen
Hektaren, die eines hohen externen Inputs (Dünger, Pestizide, Energie).
Im Süden wird Mais in einer Vielzahl unterschiedlichster
landwirtschaftlicher Systeme kultiviert. Dazu zählen sowohl Monokulturen
als auch traditionelle Systeme, wo Mais in Mischkulturen mit
Hülsenfrüchten wie Bohnen und anderen Feldfrüchten, etwa Melonen angebaut wird.
Der grösste Unterschied liegt wahrscheinlich in der Nutzung des Mais im
Norden und im Süden. - Im Norden - und hier zu vorderst in den USA - wird er
im Wesentlichen und zunehmend als Rohstoff für Viehfutter genutzt.
In Zentralamerika, Südamerika sowie im östlichen und südlichen Afrika ist
Mais dagegen die Basis der Ernährungssicherung für die Dorfgemeinschaften.
Doch inzwischen sind die Tage gezählt, wo Mais allein als Nahrung oder
Viehfutter verwendet wurde. Mit Hilfe moderner Biotechnologien wurde das
"goldene Korn" zum billigen, zuverlässigen und kontrollierbaren Rohstoffe
für viele verschiedene industriellen Anwendungen. Der am schnellsten wachsende
Markt ist dabei der des Fructose-Maissirups. In Softdrinks und vielen
anderen industriellen Produkten ersetzt die Lösung mittlerweile den Zucker.
Ebenso gebräuchlich wurde die Nutzung von Bio-Alkohol aus Mais und von
Maisstärke zur Herstellung von Papier und Kleidung. Hinzu kommen viele
andere Nutzungsarten, von Polymeren bis zu Pharmazeutika. In den USA
wird bereits rund 15% der Maisernte als Rohstoff für die Erzeugung von
mehr als 3'500 Produkten genutzt.
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Trend zu Monopolen in der Saatgutproduktion
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Seitdem die erste Hybridsorte 1928 von der damaligen Firma Funks (heute Novartis)
auf den Markt gebracht wurde hat Mais sich zu der am stärksten kommerzialisierten
Anbaufrucht entwickelt. Erfolgreich wurden die Farmer mit den alljährlich neu zu kaufenden
Hybriden in die Abhängigkeit der Unternehmen gebracht.
Die gentechnische Revolution und ihre Versprechungen von grösseren Ernten und
Profiten beschleunigt den Trend hin zu Monopolen in der Saatgutproduktion. In dem
Masse, wie die neuen Technologien entwickelt werden und Patente den Zugang zu
diesen Technologien zum wesentlichen Faktor für den Marktzugang machen, haben
neue Akteure - Biotechnologie- und Agrochemie-Unternehmen wie Du Pont, Dow Elcano,
AgrEvo und Monsanto - die Bühne betreten.
Die Forschung ist heute nicht mehr unbedingt auf die Pflanze an sich orientiert,
sondern wendet sich zunehmend einzelnen Zelllinien zu, die in ganz verschiedenen Sorten
eingebaut werden können. Dennoch ist Mais zur Zeit eine der für die Saatgutfirmen
ökonomisch interessantesten Pflanzen. Beim US-Landwirtschaftsministerium (USDA) und
dem Service für Tier- und Pflanzengesundheit (APHIS), jenen zwei Stellen, bei
denen in den USA die Freilandversuche mit genmanipulierten Organismen angemeldet
werden müssen, betrafen bis zum Sebtember 1996 40% der Anmeldungen und
Zulassungen Versuche mit genmanipulierten Maispflanzen. Zweifellos werden
jene Agrobiotech-Unternehmen am Besten verdienen, die mehr von den mit neuen
Zelllinien (durch Zusatz fremder Gene veränderte Charaktermerkmale der Pflanzen)
ausgestattetem Mais - sogenannte "Value-Added" Sorten - auf den Markt bringen.
Zunnehmend konzentriert sich die Aktivität der Mais-Biotechnologie in den
Händen von immer weniger Multis. Gegenwärtig kämpfen drei Konzernblöcke mit
je unterschiedlichen Technologien um die Führung in der Mais-Saatgutindustrie:
- Monsanto
- Pioneer,
Novartis,
und Dow Elanco
(Dow AgroSciences LLC)
- AgrEvo
Jeder dieser Giganten versucht sicherzustellen, dass das Eigentum
an bestimmten Schlüsseltechnologien für den Mais im Besitz des jeweiligen
Blocks verbleibt. Mehr und mehr verwandelt sich dabei der Mais, dessen
Züchtung in den Händen der Konzerne liegt, von einer eigentlichen
Nahrungspflanze in eine Futter- und Industriepflanze. Und es besteht
wenig Hoffnung, dass die Länder des Südens von dieser Entwicklung
profitieren werden.
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Quellennachweis
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- Artikel aus mosquito Nr. 8, Dezember 1997, die entwicklungspolitische
Zeitschrift der Schweiz
- Informationen aus: "Seeding". The Qaurterly Newsletter of
Genetik Resources Action International, October 1996
Übersetzung und Bearbeitung (ohne Glossardefinitionen) von
Ute Sprenger,
freie Publizistin & Gutachterin in Berlin, Originalauflage:
Techs, Politics & Critics.
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